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Geburtstag Ein Herkules mit weichem Herz
Im Mai 1967 stieg er zum König der Athleten auf. Heute engagiert er sich für die Außenseiter der Gesellschaft.
Zweimal Kurt Bendlin: 1968 beim 100-m-Lauf bei den Sommerspielen in Mexiko und 2009 bei einem Sportfest in Leverkusen.
Imago
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Köln - Nach seinem Zehnkampf-Weltrekord von 1967 war Kurt Bendlin das Idol einer ganzen Sportler-Generation. Der gestählte Körper gab dem Mann, der trainierte bis zum Umfallen, das Aussehen eines Adonis. Nach fast 50 Jahren alles Schnee von gestern, könnte man glauben. Doch der Olympiadritte von Mexiko City 1968 wirkt auch vor seinem 70. Geburtstag an diesem Mittwoch noch immer wie ein Herkules.
Muskel an Muskel – rund um ein weiches Herz, das vor allem für Außenseiter der Gesellschaft schlägt: In Paderborn betreut Bendlin, der seit 33 Jahren mit Ehefrau Martina verheiratet ist, zehn Schwerst-Alkoholiker und Drogensüchtige, weiter kümmert er sich um trauernde Eltern und hilft Mädchen, die Opfer sexuellen Missbrauchs in der Familie wurden. Er hilft anderen und fordert sich selbst. Weniger beim Joggen, denn mit der Sprunggelenkprothese läuft es sich nicht mehr ganz so gut. Auf dem Hometrainer vergießt Bendlin viel Schweiß, vor allem stählt er über Kraftausdauertraining mit leichten Gewichten die Muskulatur.
Bendlin war 20, als er seine Karriere startete. Als jüngstes Kind einer westpreußischen Familie, deren Vater erst 1950 aus Gefangenschaft kam, war er im Zweiten Weltkrieg mit Mutter und fünf Geschwistern nach Holstein geflüchtet. „Ich wurde oft gehänselt in der Schule, weil ich keine Schuhe hatte“, erzählt Bendlin. Doch als er bei Bundesjugendspielen den Schlagball 118 Meter weit warf, war er der Held.
Nach nur zwei Jahren zielgerichteten Trainings trumpfte Bendlin 1965 mit einem Weltrekord im Fünfkampf auf und stieg am 14. Mai 1967 rasant zum „König der Athleten“ auf. Nach den 8319 Weltrekord-Punkten von Heidelberg empfand er „eine Mischung aus überschäumender Freude und tiefer Einsamkeit. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem vorher noch kein Mensch war.“
Olympia-Gold ein Jahr später schien die logische Konsequenz, doch der Körper streikte unter den brutalen Belastungen: „Einige stempelten mich zum Versager, weil ich 1968 in Mexiko nur Bronze gewann. Für mich war das mein größter Sieg, denn nach einem Muskelfaserriss war ich sechs Wochen fast völlig ohne Training gewesen.“
Es blieb die einzige Medaille in der Karriere von Bendlin, der immer dann verletzt ausfiel, wenn Großes bevorstand. Auch 1972 vor Olympia in München. „Ich wusste, dass die Achillessehne reißen würde, aber ich habe trainiert, bis die Schmerzen übermächtig wurden“, beschreibt er die Story, die damals in Holzwickede mit einem lauten Knall endete. „Ich habe früh über Kräfte verfügt, die ich nicht beherrschen konnte. Deshalb war ich irgendwann kurz vor der Selbstzerstörung“, schildert der zwölfmal operierte Kurt Bendlin.
In Paderborn, wo er seinen 70. Geburtstag feiert, baute der Diplom-Sportlehrer beim Computer-Pionier Heinz Nixdorf ein Trainingszentrum auf. Als sein großer Förderer 1986 urplötzlich starb, folgte der tiefe Fall.
Bendlin flüchtete in die Einsamkeit der holsteinischen Schweiz und veranstaltet noch heute bei Malente, wo er für 20 000 DM (10 226 Euro) einst 3,5 Hektar Land mit kleinem See kaufte, „Überlebenstraining“ für Manager, Kurse für Unternehmen und hält Vorträge über Gesundheit.
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